Der erste Advent brachte die erste geschlossene Schneedecke des Winters. Meine Verabredung mit Horst stand. Um 9:00 Uhr stand er mit seinem neuen Yeti, so'n kleiner SUV vom "Geflügelten Stern" vor meiner Tür. Mit zwei Wanderstöcken in der Hand trat ich zu ihm. "Brauchst du einen Stock"? "Nein habe ich selbst dabei. Heute bei dem Wetter nehme ich die beiden "Alus". Vier Festpunkte sind mir lieber als die drei, Wanderstock und Beine. Denn so ein bisschen unsicher bin schon ich bei dem Schnee". Also bleibt einer meiner Wanderstöcke im Auto liegen als wir vom Torfhaus gegen 9:20 los laufen. Hier liegt doppelt so viel Schnee wie bei uns. Horst geht auf Nummer sicher vor rangierenden Autofahrern, parkt den Yeti weit weg von den anderen schon auf dem Parkplatz abgestellten, Autos. Ein Sprung über den vom Schneepflug aufgeschobenen Schneewall am Straßenrand. Den Schwung des Sprunges mit über die Straße nehmend saust Horst, mit beidseitigen Stockeinsatz, dem Brocken entgegen. Brav dackele ich ihm hinterher. Wenn der so weiter macht, wird das eine schwitzige Tour, geistert der Gedanke durch meinen Kopf. Bald werden seine Schritte aber ruhiger und ich kann locker seinem Tempo folgen. Der Weg entlang am Abbegraben ist wunderbar. Weiß eingeschneit, die kleinen Fichten mit Schneehauben bekrönt, die toten alten umgestürzten Fichtenstämme mit der weißen Pracht überzuckert. Ein abgestorbener, nun auf halber Höhe abgebrochener Fichtenstamm, mit vielen Fruchttellern des Rotrandigen Baumschwamm bewachsen, die mit einer spitzen weißen Schneehaube versehen, wie Schneemützen tragende, schweigende Zwerge, uns betrachten. Die Wurzelteller der Umgestürzten vom letzten oder vorletztem Sturm haben Teile der Grabenbrust des Abbegrabens einfach mit in die Höhe gerissen. Dicke Ufersteine hängen in den wirren Wurzeln der flachen Standflächen, umgefallender, gestorbener Fichten. Von allein werden die dicken Steine nicht zurückkehren an ihren ursprünglichen Standort. Wie lange wird die Grabenbrust auf die Rückkehrer warten müssen? Gut, dass heute alles hübsch im Schnee verpackt, vieles was im Frühjahr ans Licht kommt, versteckt ist. Der NP, die Oberharzer Wasserwirtschaft steht vor großen Auf- und Ausgaben.
Horst sucht den Luchs. Nicht den lebenden, sondern das Kunstobjekt, das hier irgendwo stehen soll. Ist bestimmt eingeschneit. Bestimmt klappt das auf dem Rückweg. Vor uns demmelt, mit zwei Hunden an der Leine, ein Pärchen vor uns hin. Die haben wir bald eingeholt, der Wunsch der Gedanken. Machen wir aber nicht. Sie legen im Schritt zu, halten uns auf Distanz. Erst beim Eckersprung wo die Hunde getätschelt, sie selbst den Schnee von Jacke und Mütze klopfen, eine Pause einlegen, bleiben sie hinter uns. Bisher sind nur wenige Trittspuren von Vorläufern im Schnee zu sehen gewesen. Wir zweifeln an den angekündeten 3000 Besuchern die heute zum 28. Jahrestag des Falls der Brockenmauer erscheinen sollen. Das wird nichts mit einem Ansturm der Harzklub-, und anderen Wanderern zu diesem Gedenken. Erst am Anstieg zum Goethe-Bahnhof beginnt ein leichtes Gedränge. Wir beide, unter dem Vorausschritt Horst's, ziehen an den Schnaufenden vorbei. Mir wird es warm unter meiner Weste die ich unter meiner Jacke trage. Horst kennt da nichts. Ohne einen Halt marschiert er voran. Erst so 200 Meter nach der Höhe, hinter uns ist niemand mehr zu sehen, auf einer folgenden flachen Geraden, sein Stöhnen: "Das war hart und grenzwertig". Horst schlackert ein wenig hin und her, macht langsamere, kleinere Schritte, betrachtet die verschneiten Bäume unter uns im Eckertal, weist mich auf ihre Schönheiten hin. "Wunderbar wie der Dunst im Tal die Bäume umwallt" sagt er zu mir. Ich betrachte Tal und Dunst. Er jedoch, hat seinen strammen Schritt schon wieder aufgenommen, ist schon davon geeilt.
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