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Welfenkaiser Otto IV. starb 1218 auf der Harzburg 

1209

Ein Mann von hartem ungeschmeidigem Wesen 

Von Klaus Röttger

Im Jahre 1218 segnete ein deutscher Kaiser in kaum zu überbietender Tragik das Zeitliche in den Gemäuern der Harzburg. Der Unglückliche, war der Welfe Otto IV., ein Sohn Heinrichs des Löwen und dessen Ehefrau Mathilde. Ihm gehört in diesem Jahr zwar die besondere Aufmerksamkeit der Geschichtsfreunde, weil er 1209 zum Kaiser gekrönt wurde, wir beginnen seine Geschichte aber mit eben diesem Sterben, weil es einen direkten Bezug zur Harzburg hat. Diese Sterbegeschichte begann im Mai des Jahres 1218 auf der Harlyburg.

Kaiser Otto IV. hatte die nahezu modern anmutende Gewohnheit, jedes Jahre im Mai eine Trinkkur zur Entschlackung zu machen. Ein wohlmeinender Freund schickte ihm deshalb ein neues Medikament zur Reinigung von Magen und Gedärmen in Pillenform. Was auch immer darin enthalten gewesen sein mochte, die Wirkung war furchtbar. Die gesamte Verdauung brach förmlich zusammen. Die ,,dunnen schiszin", wie Eike von Repkow das Krankheitsbild, wahrscheinlich die Ruhr, in der Sprache seiner Zeit ein wenig despektierlich nannte, wurde so schlimm, dass man den Patienten in der Nacht vom 12. auf den 13. Mai, Hals über Kopf auf die weit bequemere Harzburg brachte. Hier begann ein wahres Martyrium, das sich für Otto durch seine Angst vor der Ewigen Verdammnis angesichts des nahenden Todes noch verstärkte. Auch er hatte, wie schon einer seiner Vorgänger, Heinrich IV., den Bannfluch des Papstes über sich ergehen lassen müssen und fürchtete nun, angesichts seiner vielen Missetaten, nicht akkurat im christlichen Sinne sterben zu können. Otto startete eine wahre Bußorgien, er demütigte sich, weil er voll ,,unsagbarer Reue" war, auf  jede erdenkliche Art. Er befahl seinen Köchen ihn auf den Hals zu treten, warf sich mit entblößtem Rücken auf den Boden und ließ sich mit Ruten schlagen bis selbst die Mönche ,,ob solcher Bußfertigkeit" gerührt waren.

Kurz, es ging zu Ende. Man ließ nach dem Abt von Walkenried schicken. Der ließ sich allerdings Zeit, wohl in der Hoffnung, dass sich der Fall von allein erledigen würde. Den Kaiser vom Bann zu lösen war eine Handlung, bei der man sich ganz schnell den Zorn des Papstes zuziehen konnte. Das Risiko nahm gezwungenermaßen der Propst des Klosters in Halberstadt auf sich. Er salbte den mit dem Tod Ringenden und löste ihn vom Bann --  allerdings vorbehaltlich des päpstlichen Einverständnisses. Nun, der Walkenrieder kam dann endlich doch noch. Es wurde noch mal gelöst und gesalbt und Otto ließ letztlich das Testament verlesen. Am 19. Mai 1218 war es dann aber soweit: der Kaiser starb, mehr oder weniger beruhigt, friedlich. Begraben wurde er im Dom zu Braunschweig zu Füßen seiner Eltern.

Mit Otto IV. verlor das Heilige Römische Reich seinen letzten Kaiser aus norddeutschem Stamm. Erst ein Jahr später übergab Ottos Bruder die bis dahin auf der Harzburg in Verwahrung gebliebenen Reichsinsignien in Goslar dem König Friedrich II. Bei dem Aufbewahrungsort dieser Insignien hat es sich wahrscheinlich um den von Otto gebauten Turm auf der Harzburg gehandelt, der vor einigen Jahren auf Initiative des Bad Harzburger Fördervereins Historischer Burgberg und mit Sponsoren aufwändig restauriert wurde.

Friedrich II. gibt das Stichwort für die bis dahin verlaufene Geschichte Ottos IV.  Er war wie auch Philipp von Schwaben einer der Gegenkönige mit denen sich der Welfe herumschlagen musste. Otto selbst wurde 1198 zum römisch-deutschen König gewählt und einen Monat  später gekrönt. Philipp war aber schon König, wenn auch noch nicht mit den Insignien versehen. Beim folgenden Thronstreit drohte Otto dem Rivalen zu unterliegen. Dann wurde dieser plötzlich 1208 ermordet. Der Täter war Pfalzgraf  Otto von Wittelsbach, der sich durch eine aufgelöste Verlobung in seiner Ehre gekränkt sah. Am 4. Oktober 1209 wurde Otto IV. darauf zum Kaiser gekrönt. Den einen Rivalen los tauchte aber schon bald der nächste auf. Durch ungeschicktes Handeln in Sizilien hatte Otto den Papst gegen sich aufgebracht. Jetzt kam der Staufer Friedrich II. ins Spiel. 1211 wurde er zum Gegenkönig gewählt. In der Schlacht von Bouvines 1214 zog der Welfe dann auch noch den Kürzeren. Friedrich wurde 1215 noch einmal gekrönt und allgemein anerkannt. Nach und nach fielen die Verbündeten von Otto ab, und der zog sich mehr oder weniger aufs Altenteil zurück. Der Tod kam dann 1218.