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War Heinrich IV. Bußgang eine Demütigung? 

Das Ereignis im Spiegel der Geschichte -- Gang nach Canossa jährt sich zum 940. Mal
Von Klaus Röttger

Nur wenige mittelalterliche Ereignisse in der Geschichte der deutschen Kaiser haben soviel Aufsehen erregt und  widersprüchliche Interpretationen und unterschiedliche Beurteilungen gefunden wie der Canossagang Heinrichs IV. 1076 musste sich der Kaiser nach Rom aufmachen und den Papst Gregor VII. inständig zu bitten, ihn aus dem Kirchenbann zu lösen. Ein Kaiser des Heiligen Römischen Reiches auf den Knien vor dem höchsten Lenker der katholischen Kirche, der sich selbst den ,,Vertreter Gottes auf Erden" sah?
Sein Vater, Heinrich III., jener mächtige Herrscher des Reiches, hatte in Rom das Papstschisma beendet,  selbst Päpste abgesetzt und eingesetzt. Und nun war dem Sohn nichts anderes übriggeblieben, als im Winter 1076/77 über die Alpen zu kraxeln, um den Heiligen Vater um ,,Gutwetter" zu bitten. Der Grund war der sogenannte Investiturstreit, bei dem es um die Besetzung der kirchlichen Ämter ging. Der Gang nach Canossa war der Höhepunkt des Streites. Es ging im Wesentlichen um das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Macht und um die Rolle der Reichskirche. Vordergründig spielte dabei das Recht der Investitur zur Einsetzung von Bischöfen und Äbten in ihre Kirchenämter  eine Rolle. Es ging aber vor allem ums Prinzip, denn die Inhaber dieser Ämter übten höchste Funktionen auch im Staatsapparat des Kaiserreiches aus.
Der Streit zwischen Papst Gregor VII. und König Heinrich IV. hatte sich hochgeschaukelt, es gab einen Mordversuch an Gregor, gegenseitige Beschimpfungen, Mahnschreiben des Papstes und scharf formulierte Gehorsamsaufkündigungen der deutschen Bischöfe auf Initiative des Königs. Alles gipfelte 1076 in der Exkommunikation des Kaisers. Zugleich löste der Papst auch alle Treueide, die die Untertanen an Heinrich banden. Damit galt der König mehr oder weniger als abgesetzt. Bei einer Reichsversammlung im Oktober 1076 beschlossen die Fürsten jedoch, dem Gebannten eine Jahresfrist (und ein Tag) einzuräumen, um die Sache mit dem Papst wieder in Ordnung zu bringen. Der Papst sollte dafür nach Augsburg kommen.
Heinrich wollte aber nicht warten und zog schon im Dezember 1076 los und damit dem Papst entgegen, um seine politische Handlungsfähigkeit so schnell wie möglich wiederzuerlangen. Das Unterfangen war  indes ein saures Stück Arbeit. Im Winter über die Alpen und dann auch noch auf heimlichen Wegen? Der dem Papsttum nahe stehende Historiker Lampert von Hersfeld schreibt dazu: ,,Die krochen bald auf Händen und Füßen ……  ihr Fuß glitt auf dem glatten Boden aus ………. Die Königin und andere Frauen … setzten sie auf Rinderhäute und zogen sie damit hinab". Heinrich und Gregor trafen sich schließlich auf der Burg Canossa. Ãœber die nachfolgenden Ereignisse informiert auch wieder Lampert: ,,Hier stand er nach Ablegung der königlichen Gewänder ohne alle Abzeichen der königlichen Würde, ohne die geringste Pracht zur Schau zu stellen, barfuß und nüchtern, vom Morgen bis zum Abend. …. So verhielt er sich am zweiten, so am dritten Tage. Endlich am vierten Tag wurde er vorgelassen, und nach vielen Reden und Gegenreden wurde er schließlich …. Vom Bann losgesprochen".

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