Vor vielen Jahren, als die Ecker noch wild und ungestüm zu Tale stürzte, als noch keine Talsperre oder ein sonstiges künstliches Hindernis ihren Lauf stoppte, sie ihr enges Tal zwischen dem Woldsberg im Westen, dem Kienberg im Osten verließ, da mäanderte sie vielarmig in die Ebene vor Stapelburg. Einer ihre mäandrierenden Arme suchte sich sogar ein ganz neues Bett, leitete sein Wasser in die Ilse, dem östlich fließenden kleinen Fluss der bei Ilsenburg in die Vorharzebene austritt, bei Börsum in die Oker mündet. Kurz vor Hornburg, vor dem Kleinen Fallstein, nimmt die Ilse das Eckerwasser der Stimmecke auf. Das funktioniert noch heute so wie damals in der weiten Vergangenheit. Nur, dass der Mensch schon lange seine Hand dabei mit im Spiel hat. Er regelt was die Ecker der Ilse abgeben darf. Er baute ein Wehr mit einem Abzweig. Ein Plattenschütz regelte so die Menge an Wasser, die die Stimmecke, wie der alte Mäander der Ecker nun genannt wird, in ihrem Bett haben muss, soll oder darf.
Dieses Plattenschütz war von einfachster Ausführung. Mit Hilfe einer Zahnstange wurde es gehoben oder gesenkt, so die Wassermenge die unter dem Schütz hindurch in die "Stimmecke" strömte fast Liter genau geregelt wurde. Vor dem hölzernen Plattenschütz, es lag ca. 20m neben, hinter der Wehrkrone, bildete sich ein Wasserstau welcher mit dem Wasserstand der Wehrkrone in Waage blieb. So auch die Funktion einer Reinigung von schwimmenden Unrat wie Blätter, Zweige, anderes Schwimmenden übernahm. So, dass das Eckerwasser immer kontinuierlich und geregelt in die "Stimmecke" fließen konnte. Eine Reinigung und Wartung hielt sich durch diese Technik in engen Grenzen, konnte nebenbei geschehen. So ging es viele Jahrzehnte. Die Stimmecke versorgte ihre Anlieger mit ihrem Wasser, ihrer Wasserkraft. Wurde etwas mehr an Wasser gebraucht, langten drei, vier Drehungen an der Spindel und schon war die Zufriedenheit wieder hergestellt.
Dann wurde es ernst. Umweltschützer und Wasserbauer aus Ost und West stellten fest dass es so nicht ging. Die Fische konnten das Überfallwehr nicht bezwingen, die Strömung unter dem Plattenschütz zu stark um den Fischen, der Wasserfauna den Aufstieg von der "Stimmecke" zur Ecker zu ermöglichen. Es wurde beschlossen beides zu beseitigen. Etwas ganz Neues zu gestalten das diese Probleme auf Dauer löste. So machten sich also, weil die Mitte der Ecker ja immer noch die Grenze zwischen Niedersachsen und Sachen-Anhalt bildet, das Eckerwehr also beiden Ländern gehört, Ingenieure aus beiden Bundesländern an die Arbeit etwas großes Dauerhaftes, was noch weniger Pflegeaufwand gewährleistet, zu bauen. So machten sich also viele Köpfe an die Arbeit. Tüftelten und rechneten und bald war es auch soweit. Das Wehr verschwand. Gewaltige Wackersteine wurden in den Eckerlauf eingebracht, kleine Kolke und Gerinne geschaffen. Leider entsprachen die Kokle nicht den Vorschriften im Wasserbau. Sie waren zu flach geraten. Also wurde die ganze Chose ein zweites mal, mit tieferen Kolken umgestaltet. "Die perfekte Hundebadeanlage" so nennt mein Freund, ein Hundebesitzer, den neuen Wasserschwall unterhalb der alten Wehrkrone. Diese hat man gelassen um die Ableitung der Stimmecke zu gewährleisten.
Damit beginnt ein neues großes Meisterwerk der Wasserbauingenieure.
Das Plattenschütz wurde abgerissen, die Stimmecke fiel zeitweise trocken. Den Fischen ging die Luft aus obwohl sie ja nun genug davon hatten, die Wasserinsekten darben. Das wurde jedoch schnellsten behoben, es floss wieder Wasser in der Stimmecke. Mit Faschinen wurde der Zwischenraum der Abzweig der Stimmecke von der Ecker verjüngt, enger gemacht. Ein Holzbalken, quer zur Strömung, regelte das einfließende Wasser zur Stimmecke. Der ehemalige Zuleitungsgraben zum vergangenen Plattenschütz wurde mit großen Wasserbausteinen ausgelegt, befestigt. Man konnte meinen, hier wird ein Kanal für Hochseeschiffe gebaut. Eine funkelnagelneue, an die über die Elbe gespannte Köhlbrandbrücke erinnernde, auf zwei betonierten Pfeilern ruhende Alluminiumbrücke über die Stimmecke, bereit auch Hochseeseglern eine Durchfahrt zu ermöglichen, entstand. Der Abschlag, ein Fehlschlag, eine Einrichtung die überschüssiges Wasser Stimmecke in die Ecker zurückleitet, wird auch neu hergerichtet. Es war wohl geplant diese Stelle als zweite, endgültige Regelstelle der Wassermenge, die in der Stimmecke fließen soll, zu nehmen. Der Holzbalken am Einlauf erfüllte diese Aufgabe nämlich nicht. Oft verschloss Schwemmgut das einlaufende Wasser, oder die Ecker hatte zuviel davon, überströmte den Querbalken und nun sollte der Abschlag, der Fehlschlag, die überschüssige ankommende Wassermenge zurück in die Ecker leiten.
Herrlich war das anzusehen. Mit weißen Sandsäcken, mit Folienstreifen und zahllosen Wackersteinen wurde experimentiert. Da aufgeschichtet , wieder weggenommen, wo anders hingepackt. Die Stimmecke spielte da nicht mit. Sie nahm den Weg des geringsten Widerstands, floss da wo sie wollte.
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