WillkommenWanderungenWanderstreckenGasthäuserServiceKontakt

Zwei Wandertage... in der Fränkischen Schweiz / Bayern 

2019.04.26.
1. Karpfen blau
Zu dritt waren wir unterwegs. Wanderten durch die Fränkische Schweiz. Der Tag war grau, kalt, es regnete. Richtig so um die Lust an der Sache zu verlieren, die Wanderei an den Nagel zu hängen. Ein langer Anstieg durch nasses Gras gab den Rest und pitschnasse Füße. Da tauchte ein Gasthaus auf. Es war noch früher Vormittag und viel zu früh um einzukehren, Pause zu machen. Trotzdem kehrten wir ein. Selbst der Wirt wunderte sich über seine frühen Gäste. Die hübsche Bedienung noch am herrichten der Tische. Begeisterung riefen wir drei nassen Kerle bei ihr nicht hervor. Sie musterte uns, fragte schnippisch: "Ihr seid wohl von Zuhause ausgerissen"? "Sehen wir so aus" fragt Willi. "Ihr seht aus wie unsere Stiere auf unserer Weide. Nass, zerzaust, mit traurigen Augen. Halt wie die da draußen auf der Weide! Möchtet ihr ein Bier"? Wir sind platt, finden so keine Worte außer dem "Ja" zur letzten Frage. Die hübschen Schnippige bringt uns das Bier. "Nehmt es mir nicht übel" quatscht sie uns wieder an. "Kennt ihr die Geschichte von den drei Stieren auf Wanderschaft"? Kopfschütteln. "Die drei waren auch unterwegs, so wie ihr. Ein junger, einer im mittlerem Alter und ein Älterer. Sie kommen über eine grüne, hügelige Wiese auf der Kühe grasten. Überrascht bleiben sie stehen.
"Los, rann an die Sache, wie werden Spaß haben" sagt der Jüngste. "Nein", antwortet der Mittlere, "erst einmal heimlich betrachten bei welcher es sich wirklich lohnt. Nicht mit jeder lasse ich mich ein".
"Halt, hört auf mit dieser Spinnerei! Duckt euch damit die uns nicht sehen, uns in Ruhe lassen! Lasst uns weiterwandern, essen und trinken, nur das ist von Dauer" mahnt der Älteste. Wir schlucken trocken, lachen verklemmt.  Sie grinst uns breit an und verschwindet.
Herrliche Gedanken geistern durch unsere Köpfe, werden ausgesprochen: "Das ist der wilde Humor einer halbvertrockneten Ziege! Die verarscht uns"! "Die braucht mal einen ordentlichen Kerl der sie gerade rückt". "Wen meint die von uns mit: Der daran vorbei schleicht"? "Dieses Dussel soll uns in Ruhe lassen, ist doch nichts dran an dem dürrem Gestell"! "Die kann uns gar nicht meinen, braucht wohl mal selbst was vor die Hose"!
Ein bisschen hat sie uns doch getroffen mit dem blöden Witz. Öffnet eine Gedankenpforte die fest verschlossen war. Fremde Weibe unterwegs? Keiner denkt daran!
"Trinken wir lieber noch ein Bier, vergessen wir den Scheiß" vermeldet Werner.
Also wird das zweite Bier geordert. Mit einem vielsagendem Lächeln bringt die Hübsche es uns an den Tisch! "Möchten die Herren auch etwas essen"? "Nein ist noch zu früh dafür" antworten wir fast gemeinsam. Es regnet noch nach dem dritten Biere. Die Mittagszeit rückt näher. Auf der Karte wird "Karpfen blau" angeboten. Zum vierten Bier wird der, für jeden von uns einen Halben, dann geordert. Der Wirt kommt an den Tisch."Kommt mit, sucht euch einen aus". Wir gehen mit ihm in den Keller. Hier tummeln sich in einem großen Bottich ein ganzer Schwarm von den glitschigen großmäuligen Biestern. "Welchen wollt ihr"? Es ist als ob man einen Hahn fragt warum das Ei der Henne nicht rund ist. Wir zögern. "Nehmt einen Großen und einen Kleinen" bestimmt der Wirt. "Für jeden einen Halben, etwa gleiche Größe" unsere Antwort. "Das geht nicht. Eine Hälfte schwimmt nicht ohne die andere weiter! Ihr müsst schon einen Großen und einen Kleinen nehmen, sonst klappt das nicht"! Wir entscheiden uns für einen großen und einen kleinen Karpfen.
Bestialisch werden die erschlagen, abgestochen, auseinander geschnitten. Das Grausen, dieses Morden verursacht, angesehen zu haben, bedrückt uns noch eine Weile. Wird mit einem weiteren Bier runtergespült. Die Karpfen kommen. Werner und ich verzehren die beiden Hälften des Großen, Willi bekommt den Kleinen. Liegt es an den getrunkenen paar Bieren oder am schlechtem Gewissen um den Todschlag der Karpfen? So richtig geht mir der "Karpfen blau" nicht über die Zunge. Doch alles wird aufgegessen und obendrein noch dem Wirte vorgeschwärmt wie gut alles schmeckte. Die Teller, die Gläser sind leer und wie das so ist bei leergegessenen Tellern: Die Sonne scheint, lockt uns nach draußen, bringt uns wieder auf den Weg.  Vielleicht ist eine Stunde verstrichen, da meldet sich Werner ab. Verschwindet im Busch. Als Werner wieder auftaucht strahlt er über die ganze Breite seines Gesichts: "Mein halber Karpfen ist wieder draußen! Den brauche ich nicht mehr mit umherzutragen"! Fröhlich springt er vor uns her. Willi spürt auch ein Rumoren unter seinem Hosengürtel, meint der verdammte Karpfen wackelt noch immer mit dem Schwanz!  Nicht lange dauert es und nicht nur Willi, sondern wir beide verziehen uns, suchen einen verschwiegen Platz. Willi bringt seinen ganzen, ich die andere Hälfte des blauen Karpfen wieder ans Licht. "Das hat richtig geflutscht, so schnell war der wieder draußen. War bestimmt zu fett, das Biest" meint Willi!
"Das lag bestimmt an dem vielen Bier in dem er schwimmen musste!
Dieses Gebräu war ihm neu, dass konnte er nicht vertragen" meine ich. "Ich bin richtig glücklich den nicht mehr mit mir umhertragen zu müssen", der trockene Kommentar Werners. Mit leerem Bauch und Darm, doch mit glücklichen Herzen ziehen wir weiter.

Otto Pake

Weiter zu