So stand es in unserem Wanderheftchen. Ist ein wenig übertrieben. Um  diese Zeit blüht erst eine der Orchisarten. Nur das Blasse-, auch  Bleiche Knabenkraut steht schon in Blüte. Das ist aber auch so eine  Sache, bei warmer Witterung kann es auch schon "durch" sein. Oder der  Frost ist darüber gezogen, dann ist von seiner Schönheit auch nicht viel  über geblieben. Was soll's, es blüht um diese Zeit doch so viel und wer  es nur auf die Orchideen abgesehen hat dem bleibt die Möglichkeit am  14. Mai mit zur Wipper zu fahren, da blühen sie dann ganz bestimmt. Doch  die Wanderlust wird mit dem Wort: "Orchideen" dermaßen geweckt, dass  ich schon fürchte, wenn es nicht klappt mit dem bleichen Gelben, ich  sehr schlecht aussehen werde!.
Dauernd klingelt das Telefon. "Findet  die Wanderung statt?" Oder: "Kann ich mitkommen, auch wenn ich nicht im  Harzklub bin"? "Ich komme mit dem Zug aus Minden, bin um 9:05 Uhr in Bad  Harzburg warten sie auf mich"? "Sind wir bestimmt um 17 Uhr zurück"?  (Was ich nicht versprechen kann). Aber auch: "Wo geht es denn hin? Das  ist aber weit"! Solche und andere Fragen laufen auf. Immer häufiger  klingelt unser Telefon und ich bekomme ein immer schlechteres Gewissen.  Kann und will die Orchideen aber auch nicht in unsere Nähe umsiedeln.  Wenn die Hoffnungen nun nicht erfüllt werden sollten, dann----? Ich will  nicht daran denken.
An die zwanzig Orchideen-Wanderer warten beim  Pfennigpfeifer auf mich. Autos mit Fahrer sind genug da. Nur selbst  fahren möchten die wenigsten. Suchen einen etwas  --Zurückgeblieben--(eine etwas schüchterne Formulierung von mir für die  immer Bereiten), der sie in sein Auto einlädt und mitnimmt zum Parkplatz  hinter Buchholz im Thüringischen. Doch pünktlich starten wir.
Alle  fünf Autofahrer finden auch den beschriebenen Parkplatz an der L2076.  Nach der obligatorischen "Schuh-Anziehpause" geht es endlich los. Rechts  von uns blüht der Raps, links die Zwetschen in voller Blüte unter ihren  Kronen große Tuffs von Wiesen-Schlüsselblumen. Die "Pfaffenköpfe", auch  ein Orchideen-Standort, von Gehölzen frei geschnitten, präsentieren  sich noch trostlos. Warten noch auf wärmere Maitage. Nur die grüngelben  Blütenköpfe der Zypressen-Wolfsmilch und kleine gelbe Horste mit  Frühlings-Fingerkraut bringen Farbe in die treibenden grünen Gräser. Ein  paar wenige weiße Blütenstängel des Berg-Täschelkrautes noch  dazwischen. Weiter Himmelsschlüsselchen am Wegesrand. Weite Aussicht vom  "Helmetalblick" nach Nordhausen, über die "Goldene Aue" zur Wind- und  Hainleite. Die "Glockensteine" vor dem blühenden Rapsfeld lassen den  Totschlag, der hier vor vielen Jahren stattgefunden hat fast vergessen.