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2. Zur Kapelle

3. Quellstein

4.Kapellenschloss

5. Südblick

6. "St. Servatius"

7. Mauerraute

8. Streichenkapelle

9. Felsgarten

10. Hasenlattich

11. Terassenblick

12. Brillenschötchen

13. Bachnelkenwurz

14. Schnittlauch

15. Fettkraut

16. Silberdistel

17. Almwiesen

18. Rundblättrige Glockenblume

19. Alpen-Frauenmantel

20. Steinquendel

21. Händelwurz

Die Kohlalm 

1. Berggasthof Streichen

18. Juli 2015   

Nach einem weniger spartanischen Frühstück wie am Vortage machten wir uns davon. Der Campingwirt konnte unseren Zeltplatz wieder doppelt belegen. Wir folgten dem Tal der Tiroler-Ache. Sie löst sich im Chiemsee auf. Als Alz verlässt sie ihn wieder. Marquartstein, Schleching. Die Streichen Kapelle ist ausgeschildert, lockt uns in die Höhe. Auf einem Waldparkplatz ist Schluss mit der Weiterfahrt. Außer uns steht nur ein Kassenautomat umher, der auf seine Beute wartet. Traue mich nicht ihn weiter lauern zu lassen, füttere ihn mit ein paar Euro. Er gibt sich zufrieden und mir ein ruhiges Gewissen. Auf breiten, schattigem Fahrweg erreichen wir bald den im Vormittagssonnenschein liegenden Berggasthof Streichen. Wir lassen ihn rechts liegen, wandern hoch zur Kapelle. Tolle Aussicht. Auch die Spitzen unserer Berge an denen wir bald entlang wandern werden, der Wilde Kaiser im Südwesten, zeichnet seine bizarren Spitzen in den Himmel. Doch das wissen wir jetzt noch nicht. Während wir hier oben alles in Augenschein nehmen tut sich in dem Berggasthof was. Die Angestellten bereiten sich auf ihre Gäste vor, bringen Decken und Blumen auf die Tische, rücken Stühle. Frischer Wind bläst hier oben über die Kuppe, bringt die weißblaue Fahne Bayerns, unsere Haare in die Horizontale. Im Windschatten der Kapelle ein Päuschen im Sonnenschein. Rita liebt das. Eine kleine in Stein gefasste Quelle. Woher kommt Ihr Wasser? Die stabile Eingangstür, mit einer uralten Klinke über dem Schlüsselloch, ist nicht verschlossen. Kurzes Insichgehen in der Kapelle. Ein gemauerter Feldsteinring auf der Höhe trägt als Mittelpunkt den Fahnenmasten. Mauerraute (Asplenium ruta-muraria) hat die Fugen besiedelt. Wald-Witwenblume (Knautia dipsacifolia) im Gras, Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia) am mit Flechten überzogenen Kalkfelsen. Idylle, Zufriedenheit strahlt der Ort aus. Beim Abstieg sitzen erste Gäste an den Tischen des Berggasthof Streichen. Wir meiden den einladenden Ort, ist noch zu früh zur Einkehr. Erfreuen uns an den kleinen blauen Blüten das Hasenlattich (Prenanthes purpurea) an der Wegböschung. Hatten ihn vorhin, beim Blick nach oben zum Streichen, einfach übersehen. Unser Auto steht nun in Gesellschaft vieler auf dem Parkplatz. Besucher und Gäste des Berggasthofes sind eingetroffen. Ein Herr mit Moped hält dezent ein Auge auf Parkgebühr-Zahlungsunwillige.
Österreich  nimmt uns freundlich auf, begrüßt uns mit noch mehr Blumenschmuck an der Häusern, mit frisch gemähten Wiesen. Schwendt mit seinem Gasthaus, dass den Schrankenschlüssel für die Fahrstraße zur Kohlalm für uns bereit hält, lassen wir erst einmal links liegen. Reisen weiter nach Sankt Johann dem Verkehrsknotenpunkt an der Großache, wie die Tiroler Ache hier heißt. Groß ist auch der Verkehr auf der Bundesstraße die die Ache begleitet. Im Ort herrscht Trubel, ist voll geproppt mit Besuchern. Ein Bummel durch den Ort langt uns. Suchen wieder die Österreichische Landschaft, fahren zurück nach Schwendt. Lassen uns auf der Terrasse unter der Kastanie des Gasthauses verwöhnen, erhalten unseren Schlüssel für die Schranke. Ein Gast am Nebentisch kommt ins Schwärmen als er von unserem Ziel, der Kohlalm hört. "Ich bin oft da oben, ein Marsch von 1 1/2 Stunden, ein wunderbarer Ort, und das Essen! Grüßen sie von mir". Leider habe ich seinen Namen vergessen als wir später auf diese Begegnung zu sprechen kommen. Die Schranke ist offen, der Schlüssel wird nicht gebraucht. Freie Fahrt nach oben. Weit und steil geht es auf Schotterstraße in die Höhe. Enge Kurven, ein eiliger Talfahrer quetscht sich an uns vorbei, hebt locker die Hand zum Gruße. Noch ein Kurve, ein Abzweig nach rechts, geradeaus die Kohlalm. Hübscher ins Tal blickender dunkler Giebel mit weißem Sockel, Blumen geschmücktem Balkon. Terrasse mit stabilen Tischen, Bänke ziehen sich an der Hauswand entlang. Freundlich werden wir von den Wirtsleuten empfangen. Wir werden begrüßt von Herrn Wiesinger, von Johannes seinem ältesten Sohn mit seiner kleinen Tochter Paula die auf einer vor der Terrasse liegenden Decke umher krabbelt, von der "Hausfee" Agnes, mit: "Ich werde mich um sie kümmern" stellt sie sich vor. Später erscheint dann auch Frau Wiesinger aus ihrem Küchenreich. Herzlich werden wir aufgenommen. Der kleinen Paula könnte man unseren Besuch hier auf der Alm zu ordnen. Ist sie doch Tochter von Annike der Tochter meiner Cousine Karola, von Ihr kommen die zwei Tage auf der Kohlalm zu unserer Goldenen Hochzeit. Karolas Mutter meine Tante Otti, die Schwester meiner Mutter Hertha kommen aus dem Drei-Mädelhaus, (Hilde, Hertha, Otti) von Otto und Alwine Gladow, dem Gärtnermeister und Gründer (1917) der Gärtnerei in Schlewecke bei Bad Harzburg. Wir bekommen ein schönes Zimmer mit einem Fenster nach Norden mit Blick über die Almwiesen und einem Fenster nach Osten mit dem Blick ins Kohlental. Lassen den schönen Blick auf uns wirken, wollen noch eine kleine Wanderung machen. Herr Wiesinger bremst ein wenig unseren Tatendrang. "Nehmt euch für heute nicht mehr soviel vor. Besucht unsere Wiesen ums Haus, unsere kleine Kapelle, das langt. Kommt erst einmal an. Abendessen gibt es um halb 8 Uhr." Recht hat er, wir bleiben ja ein paar Tage! Es ist früher Nachmittag als wir uns bergan auf den Weg machen. Sofort gibt uns die Pflanzenpracht der Wiesen ein freudiges Betrachten. Brillenschötchen ( Biscutella laevigata), Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea), Grüner Streifenfarn (Asplenium viride), die Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia) vor, in den Mauerritzen der Kalksteine. Alte, von Wettern geprägte, zerzauste einzeln stehende Lärchen, ziehen sich über die Hänge der Almwiesen hoch zum bewaldeten Kamm der das Tal einfassende Bergflanken. Mitten in unserem Wundern über die Schönheiten am Wege, die Ernüchterung. Aus ist es mit der grünen, bunten Pracht. Ein Almwirt hat seine Rindergüllegruben leer gemacht, hat die dunkle Kuhscheiße über die Almwiesen gespritzt, hat die Pracht mit einem braun-grauen Tuch von Rinderdung überzogen. Doch über uns, höher am Berg, ist dann alles wieder grün. Hier wird der Weg flacher, eine kurze feuchte Terrasse auf dem Weg hoch zum Sattel zeigt uns eine andere Vegetation des Tales. Im Feuchten die letzten Blüten der Bachnelkenwurz (Geum rivale), Schnittlauchblüten (Allium schoenoprasum) überall, verschiedene Moose am Bachufer, das Fettkraut (Pinguicula) ist es das weiße P. alpina oder das blaue P.vulgaris das auch im Harz zu finden ist? Es blüht nicht mehr, zeigt mir nicht seinen Namen. Etwas höher am Hang winken die weißen, wolligen Fruchtstände des Wollgras (Eriphorum) herunter. Im mehr trockenen Bereich die Blütenköpfe der Wald-Witwenblume( Knautia dipsacifolia), der Alpen-Frauenmantel (Alchemilla alpina), die Silberdistel (Carlina aucaulis) noch in Knospe, die zu den Doldenblütlern gehörende Bayrische Sterndolde (Astrantia bavaria) mitten drin in den Blüten der Schnittlauchbestände. Zwischen den Blütenstielen der Mücken-Händelwurz stehen starr, alles überragend  die Blütenköpfe der Flockenblume (Centaurea) viele sind noch nicht erblüht, zeigen nur ihre fransenbesetzten, schwarz-braunen Hüllblätter. Rita hat sich schon lange ein schönes Plätzchen gesucht, hat ihre Strickjacke unter gelegt, sonnt sich liegend im Gras. Ich springe, wandere von Kalkfelsen zu Kalkfelsen, fotografiere begeistert ihren immer wieder sich ändernden Bewuchs. Blüht auf dem einen Stein die Rundblättrige Glockenblume, so ist der Andere vom Alpen-Hornklee (Lotus alpinus), das ist der mit der dunklen Schiffchenspitze, dem Gewöhnlichen Hornklee (Lotus corniculatus) oder einen Bastard der Beiden überwachsen. Auf anderen Kalksteinen lugt der Thymian (Tymus pulegoides), der Alpen-Steinquendel (Acinos alpinus), hervor.
Weiße Steinhaufen liegen verstreut auf den Weiden umher. Einer der Haufen sieht aus wie ein liegendes, ruhendes, sich versteckendes  Schaf. Was die Steine geformt haben wird von Moosen, die die Augen bilden, die Stirn unterstreichen, das Ohr einfassen, heraus modelliert. Auf seinem Rücken, der sich etwas verliert im Geröll der Steine, schaukeln die blauen Glocken der Rundblättrigen Glockenblume. Verlässt man den Blickwinkel bleibt ein wirrer, ganz gewöhnlicher Steinhaufen über. Nach Süden, unter dem Felsriegel des Feldberges eine leuchtende gelbe Rosette. Nicht auszumachen was sich da zeigt. Neugier erfüllt die Seele. Doch vorher ist die Pracht der Wiesen noch zu bewundern. Glockenblumen, Sterndolde, Alpendost, Brunelle, daneben der Gezähnte Moosfarn (Selaginella selaginoides) und was nicht noch alles! Rita hat mich schon vermisst, schaut suchend umher. Sie ist vom Almnachmittagsschläfchen ein wenig bedröppelt. Lag bestimmt zu lange ohne Mütze in der Sonne. Zeige ihr noch das Felsenschaf, die gelbe Rosette unter der Felsenwand. "Lass uns mal hingehen" sagt sie, auch neugierig geworden. So stolpern wir den gegenüber liegenden Hang hinauf. Strauchwerk, rollende Steine, die Fußstapfen der Rinder, die Steilheit des Hanges, nur mühsam kommen wir der gelben Rosette näher. Gämsen suchen das Weite, bleiben bald stehen, äugen zurück. "Was wollen die hier" scheinen sie zu fragen. Wir fragen uns das auch, denn unser Fernglas lüftet das gelbe Geheimnis: Es ist ein vergilbter Zweig einer Vogelbeere. Ein wenig enttäuscht steigen wir wieder zum Weg herunter. Treffen auf zwei ältere Herren die zum Sattel hochsteigen. Mit stabilen Wanderstöcken in den Händen schreiten sie, weit aus einander laufend stetig bergan.
Ein Plausch über woher, wohin mit dem vorderen Herrn bis der andere aufschließt, sie wieder vereint sind. Schon trennen sich unsere Wege wieder. Die kleine Kapelle oberhalb dreier Almen hinter dem kleinen Kohlbach liegt noch in der Sonne, lockt uns. An der ersten Alm am Zuwege zur Kapelle, werden, von zwei jungen Leuten Matratzen die zum Lüften im Sonnenschein lagen, wieder ins Haus geschleppt. Die Zweite empfängt uns mit Muhen der Kühe und Hundegebell. Zu sehen gibst's nichts von ihnen. Das bringt dann die dritte Alm. Da stürzt sich mit Gebell der Hund auf uns, bringt den Almbauern als Licht. Der brüllt den Hund zurück. Unsere Hosen bleiben heil! Ein murmelnder Gruß und beide verschwinden lautlos im Haus. Ein kleiner Zaun säumt die Kapelle, schützt sie vor dem Fußstapfen der weidenden Rinder. Ist auch nötig, denn rundherum ist alles Grün zerlatscht, in den Dreck getreten. Ein kleiner Vers den ich auf dem Jakobsweg in Spanien gehört habe huscht durch die Gedanken: "Am Wegesrand da stand ein Veilchen; nicht lange, nur ein Weilchen. Da latscht ein Esel durch den Dreck und trat darauf. Da war es weg, das Veilchen." Hier waren es die Kühe. Wir setzen uns auf die Bank an der Südseite der kleinen Kapelle, lassen die letzten Sonnenstrahlen in unser offenes Herz fließen, werden einhüllt von dem Zauber dieses Ortes. Erst als der Bergschatten uns erreicht rappeln wir uns hoch, gehen zum Abendessen zu unserem Berggasthof Kohlalm. Hier bekommen wir von der Küche gleich einen Einlauf verpasst. Nicht erst um 19:32 Uhr ist Abendbrotzeit , sondern um 18:30 Uhr! Wir sind irritiert, haben wir Herrn Wiesinger falsch verstanden? Etwas kleinlaut und sehr leise gibt er, nach unserem leichten Protest auch seine Fehlinformation zu. Brav setzen wir uns, um die verbummelte Zeit wieder einzuholen, gleich und sofort draußen auf die Terrasse zum Abendbrot nieder. Flugs wird unser Essen serviert, ein bisschen Groll herrscht noch über unsere unverschuldete Unpünktlichkeit. Doch der Hauch der kleinen Verstimmung wird vom sanften Westwind davon getragen. Nach dem zweitem Bier ist alles wieder im grünen Bereich. Gemeinsame Abendgespräche auf der Terrasse, bekommen vom Chef für Morgen die Wanderung: Kohllahner Sattel - Feldberg - Obere Scheibenbichlalm - Kohlalm zum "Einlaufen" empfohlen. "Vier bis fünf Stunden braucht ihr schon" gibt er uns für den morgigen Weg mit in die Nacht.