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Der Huy 2007 

Die letzte Sommerwanderung des Harzklubs Bad Harzburg 2007

Tilo tobt mit seinen Ausläufern über den Harz. Sturm und Regen tosen durch die halbnackten Bäume und lassen die letzten ihrer bunten Herbstblätter zur Erde wirbeln, um sie im Windschatten zu kleineren oder größeren Haufen abzulagern. Kalter, nasser Wind mit kräftigen Regenschauern bestimmt den werdenden Tag. Es ist kein Wetter zum wandern. Doch um 9,15 Uhr am 11. 11. ist die Harzklub-Wanderung "Gletschertöpfe und Stromatolithen" seit langen geplant und angekündigt.
"Bei dem Sauwetter wirst du keine Mitwanderer finden, es sei denn, es gibt noch so ein paar Verrückte wie dich. Du bist bald wieder da und kannst dann an unserem Familien-Gänseessen teilnehmen. Bis gleich!" Die Worte meiner lieben Frau.
Fünf  wettertrotzende Wanderer haben sich eingefunden und so steht unserem Vorhaben nichts mehr im Wege. Mit zwei Fahrgemeinschaften geht es zum Ausgangs- und Zielort Badersleben am Huy. Das Wetter wird besser! Ãœber dem Harz stehen dunkle Wolken und Regenstreifen, lassen die Berge nur erahnen. Bei uns ist es trocken, windig. Ein Rauschen liegt in der Luft, das nicht nur von den Bäumen, sondern vorwiegend von den modernen Stromerzeugern, den "Windmühlen des Druibergs", herüber singt, besser gesagt brüllt.
Der Anstieg  führt uns über den Kuhberg. Herrlicher Blick über das Harzvorland, Heiketalswarte, zum Fallstein. Wir laufen am alten Vorwerk im Heiketal vorbei, zu den Kollyteichen. Ein Rastplatz einsam und schön. Nach der Wiedervereinigung wurde hier viel investiert und verschönert mit Bank und Brücke. Ein schöner Platz, den die Natur langsam aber sicher zurück erobert.
Die Kollyteiche sind mit Regenwasser gefüllte Dolinen. Erdfälle, hervorgerufen durch Salzauslaugungen im Untergrund. Verschiedene  Sumpf- und Wasserpflanzen, Amphibien und Wasservögel sind hier anzutreffen. Anbeiß- und Trinkpause wird eingelegt. Die Spuren des durch landwirtschaftliche Fahrzeuge zerfahrenen, nassen rutschigen Weges an Schuhen und Hosenbeinen begutachtet.
"Wird es noch schlimmer?" "Nein, ich hoffe nicht. Wir laufen jetzt weitgehend auf festen Waldwegen." Der Trost kam an und weiter geht unsere kleine Reise zu den Gletschertöpfen im Kalksteinbruch am Hardelsberg. Hier hat vor ca. 200000 Jahren das Gletscherschmelzwasser der Saale-Eiszeit mit Hilfe von harten Gesteinen aus dem Norden, in das weichere Kalkgestein rundliche glatte Kessel geschliffen. Diese wurden im November 1910 beim Abbau der Kalkgesteine entdeckt und schon damals wegen ihrer Seltenheit unter Schutz gestellt. In neuerer Zeit ist diese geologische Seltenheit eingezäunt und mit einem Schutzdach versehen. Die 100 jährigen Verwitterungsspuren des Kessels hat man versucht mit einer Betonmischung auszugleichen. Gelungen ist das nicht!
Dafür kann man sich an Mauerraute erfreuen, die die Mauerpfosten der Einzäunung besiedelt hat. Im trockenen armen Boden des Steinbruchs finden wir noch ein paar blühende Pflanzen des gewöhnlichen Fransen-Enzian. Wenn schon kein blauer Himmel, dann wenigstens das Blau des Enzian!
Weiter geht der Weg nun wieder als Pfad über die Höhe des Hardelsberges zum Siebertsplatz.  Einem "Kuhlager" in der Zeit der Waldhutung, eine "Kuh-Verteilerstation" sozusagen. Fünf Wege gehen hier sternförmig in alle Richtungen ab, so dass alle Tiere ihren Fressplatz  finden konnten.
Richtung  Nordost geht es weiter,  ca. 1km direkt nach Osten, dann nach rechts der Kammlinie folgend bis man auf den Harzrandweg vor dem Herrenberg trifft, dann 300m Nordwest und rechts in einen kleinen Steinbruch, und wir stehen vor den, mit einem Schutzdach versehenen, Stromatolithen. Sie werden auch Trogsteine, Napfsteine genannt und fanden Verwendung als Futter- und Getränkeschalen in der Haustierhaltung.
Vor 240 Mio. Jahren war hier alles von einem Meer bedeckt und es herrschten extrem lebensfeindliche Bedingungen, die Zeit des unteren Buntsandsteins. Es lebten im seichten Wasser einzellige Lebewesen, Cyanobakterien, die sich zu Kolonien zusammen schlossen und durch ihr Leben und Vergehen diese gewölbten Steine hinterließen.
Seit 3,5 Mrd Jahren soll es dieses Sauerstoff  bildende "pflanzliche" Leben geben. Sie haben einen großen Anteil an allen heutigen und schon vergangenen Lebensformen im Tier und  Pflanzenreich.  Heute gibt es noch lebende Kolonien sich bildender Stromatolithen  an der Westküste Australiens!
Was sind wir dagegen!?
Nach einem hochprozentigen "Wendetrunk", wir haben den östlichsten Punkt unserer Wanderung erreicht, wird kehrt gemacht. Wir umgehen den alten Salzschacht Wilhelmshall mit seinen -fünf- übrig gebliebenen Wohnhäusern, um auf der " Zwetschgenallee" am Nordrand des Hardelsberges, dem Horst Schulze Weg,  Huy-Neinstedt zu erreichen.
Wilhelmshall war ein ehemaliges Kalibergwerk. Nach seiner Erschließung 1887 begann die Förderung 1892 und endete 1926. 1926 übernahm die Wehrmacht das Gelände und nutzte es als Munitionsfabrik bis 1945. Dann von der amerikanischen, später von sowjetischen Besatzungsmacht und 1948 von der Kombinat Kali übernommen. Die versuchten das Werk wieder zum Leben zu erwecken. Das kostete viel Geld und scheiterte 1961. Anschließend wurde die gesamte bergbauliche Anlage verfüllt und geflutet um Erdfällen vorzubeugen. Erst 1977 waren diese Schließungsmaßnahmen beendet.
Über 1000 Männer und Frauen arbeiteten hier zu Hochzeiten des Werkes!
Heute leben hier noch ca. 20 Personen die, wenn man ihre Aktivitäten betrachtet, hoffnungsvoll an ihrer Zukunft arbeiten.
Bald kommt Huy-Neinstedt in Sicht.  An der Dorfkirche, mit seinen aus dem 11.Jahrhundert stammenden romanischen Westturm, den noch heute benutzten Friedhof, sichtbar an einer mit frischen mit Blumen bedeckten Grabstelle, wird wieder eine kurze Rast eingelegt. Unsere Gespräche drehen sich über die Dörfer am Huy mit ihren Quellen. Der Neinstedter "Piepenpal" aus dem Quellwasser sprudelt ist ganz in Nähe.
Am Waldrand entlang, unter Kirschen, Apfel- und Birnbäumen, an alten zugewachsenen Steinbrüchen und deren alten, mit verschiedenen Feldgehölzen und Beerensträuchern bewachsenen Abbauhalden erreichen wir die letzte Anhöhe unserer Wanderung, den Öhlertsberg. Hier finden wir ein paar lila-rosa Blüten, den Deutschen Enzian, heute Deutscher Kranz-Enzian, dessen Blütezeit von Juni bis Oktober angegeben ist.
Der Weg führt nun als Feldweg zwischen hohen Beerensträuchern, Schlehen, Schneeball, Hartriegel, Liguster, Rosen und anderen Gehölzen bergab. Der Tisch ist reich gedeckt für einheimische und durchziehende Vögel. Wacholderdrosseln, ein kleiner Schwarm, fliegt vor uns auf, sie sind scheu und unterbrechen lieber ihre Malzeit. Keine Chance für ein Foto.
Vor der langen Kirschallee gehen wir links. Fast 2km  auf gleicher Höhe bleibend, am sprudelnden  Marienspring vorbei, in den  Ohren wieder das Rauschen der Windräder des Druibergs, zu unseren Autos in Badersleben.
Gern würden wir einkehren, finden jedoch kein offenes Gasthaus. Im Nachbarort beim "Gemütlichen Müller" ist die Tür auf, der Gastraum warm und freundlich hergerichtet. Unser feuchtes, etwas verwegenes Aussehen findet die Anerkennung des Wirtes.
So kommt es zu einem gelungenen Abschluss unserer, vom abziehenden Tilo begleiteten, letzten Harzklub-Sommerwanderung.
Kaffee sehr gut, Kuchen Klasse, Wirt freundlich, Preise in Ordnung, Gäste zufrieden!
Ein schöner Tag!
Den Rest des Gänsebratens gab es um 18 Uhr.

Otto Pake

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